Bürger, wehrt Euch! | Wirbel um neue Taxi-App
Bildunterschrift: Der Taxistand am Bahnhof.
Kunden beschweren sich, weil die Onlinebestellung nicht funktioniert. Fahrer sehen Fehler in der Zentrale, die will aber von Schwierigkeiten nichts wissen. Teil III der Serie „Bürger, wehrt Euch!“
Es ist wenig verwunderlich, dass die Stadtzeitung für ihre neue Serie „Bürger, wehrt Euch!“ zahlreiche Zuschriften erhält, in denen sich Leser vehement über die in ihren Augen völlig führungslose Stadtverwaltung beschweren. Krasse Beispiele hierzu wurden ja bereits in den vergangenen Ausgaben veröffentlicht. In den letzten Wochen aber erreichten uns Anrufe und Mails, in denen es vor allem um eins ging: Die Unzufriedenheit mit der Taxi-App, die seit einem Jahr in Regensburg in Betrieb ist! Denn nach den Erfahrungen mancher Fahrgäste ist die keine Erleichterung, sondern sorgt für Chaos bei genervten Passagieren und hilflosen Fahrern!
Eine Situation, die ein altgedienter Taxifahrer mit jahrzehntelanger Erfahrung nur zu gut kennt: „So etwas passiert immer wieder. Ich bin dann einer von denen, der besonders nachts und am Wochenende die verzweifelten Fahrgäste aufklaubt, die sonst gar nicht heimkommen würden. Ich lehne die neue App ab.“
Doch wo liegt das Problem damit? „Früher“, so sagt der Fahrer, „wurden die Fahrten per Sprachfunk vermittelt. Da bekam derjenige, der als erster am Standplatz in der Nähe war, den Auftrag. Jetzt geht er an den, der geografisch am nähesten am Abholort dran ist. Ihm wird per Datenfunk mitgeteilt, wo er hinfahren soll.“
Zentrale und Fahrer haben keinen Kontakt
Aber eben nicht mehr mündlich. „Eine Kommunikation zwischen der Zentrale und den Fahrern findet überhaupt nicht mehr statt, das wissen die Kunden ja gar nicht. Alles läuft über die App.“ Problem: Viele Taxifahrgäste seien ältere Leute, die mit einem Smartphone oder dem damit verbundenen Schnickschnack nichts am Hut haben und sich die App auch nicht aufzwingen lassen wollen. Folglich haben sie auch keine. Wenn sie ein Taxi ordern wollen, machen sie das wie bisher: Sie rufen sie in der Zentrale an und bestellen die Droschke. Wo das Taxi den Fahrgast abholen soll, bekommt der Taxler aber dann von der Vermittlung über die App digital mitgeteilt.
Wenn nun in der Zentrale zu Stoßzeiten mehrere Anrufe unmittelbar hintereinander eingehen, kann sich die Eingabe dieser Fahrten in die App schon über einige Minuten hinziehen. Dass es Stoßzeiten gibt, ist unstrittig – das Netz ist voll von Kommentaren, in denen sich die Menschen darüber beschweren, dass sie in der Taxizentrale nicht durchkommen, weil immer belegt ist. Erfolgt also die Eingabe nicht, bekommt der Fahrer keinen Auftrag, und dem Passagier bleibt nur eine lästige und überflüssige Wartezeit.
Die wird dem Fahrgast vielleicht zu lang. „Der bleibt beispielsweise nicht mehr im HB, sondern geht schon zum Haidplatz, dann hat der mittlerweile doch verständigte Fahrer eine Blitzerfahrt und der Fahrgast kein Taxi“, so der Fahrer zur Stadtzeitung. Zudem verschlechtere die App auch die Sicherheit der Fahrer. „Früher über Sprachfunk konnten wir einen Notruf absetzen, das ist jetzt so nicht mehr möglich.“
Zwei Fahrer, zwei Meinungen
Ein anderer Kollege hat bessere Erfahrungen mit der App gemacht: „Ich sehe sie nicht nur als Taxifahrer, ich reise viel, nutze die App auch als Fahrgast. Das hat in vielen europäischen Ländern super geklappt, auch in Regensburg. Erst kürzlich musste ich um 4.15 Uhr weg, habe online ein Taxi bestellt. Als ich die Haustüre öffnete, war der Kollege da.“ So reibungslos sollte es auch laufen. Denn der Vorteil der App sei ja eigentlich der, dass Kunden jetzt schneller an Taxis kommen könnten.
Dieser Fahrer sieht in der App kein Problem. Sondern vielmehr in der Vergabe von Taxikonzessionen in der Stadt: Eine Faustregel sei, dass auf 1.000 Einwohner ein Taxi kommen soll. „Bei der Einwohnerzahl Regensburgs sollten demnach 160 oder 170 Taxis laufen. Vergeben sind aber 226 Lizenzen an 198 Taxis.“ Das bedeute, dass die Unternehmer Probleme hätten, gute Fahrer zu bekommen. „Dann fahren auch schlechte, die eben die Leute warten lassen.“
Auch die Zentrale ist sich nicht einig
Doch was ist jetzt mit der App? Ein Fahrer sagt so, der andere so. Die Stadtzeitung hakt nach, fragt bei der Taxizentrale an. Doch deren Vizevorstand Karlheinz Schneider will sich am Stadtzeitungstelefon nicht äußern, blockt alle kritischen Nachfragen ab. Er sagt lediglich, dass die App seit einem Jahr laufe und dass es da überhaupt keine Schwierigkeiten gebe.
Einer seiner Mitarbeiter hingegen wird deutlich auskunftsfreudiger, als wir ihm absolute Anonymität zusichern. Und er erzählt uns sonderbarerweise etwas ganz anderes: nämlich, dass es bei der Vermittlung durchaus immer wieder zu gravierenden Problemen kommt, weil bei der Eingabe in der Zentrale „Fehler passieren. Eine falsche Adresse, ein falscher Name. Dann verzögert sich alles.“
Wenn früher ein Fahrgast angerufen habe, um nachzufragen, warum sein lange bestelltes Taxi noch nicht da sei, habe man einfach bei dem zugeteilten Fahrer per Funk nachfragen können, wo er denn stecke. „Mit der App geht das nicht. Ich weiß von einigen Fahrern, die sie kategorisch ablehnen. Wenn wir wirklich weiterhin die Leute warten lassen, ist Schlimmes zu befürchten.“
Die größte Angst der Taxler ist ja, dass der aus Amerika stammende Fahrdienst Uber auch in Regensburg Fuß fassen könnte. Der arbeitet auch mit einer App. Doch die scheint weltweit zu funktionieren – also auch in deutschen Großstädten. Nur in Regensburg, da ist wohl alles anders. (hk)
Ein Taxler wartet auf einen Auftrag. Ob er ihn wohl per App bekommt?
Ärger mit Institutionen, führungslose Verwaltung, peinliche Richtlinien, Grün kaputt – haben Sie ähnliche Erfahrungen? Schreiben Sie uns, Stichwort: „Bürger, wehrt Euch!“ (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder über das Kontaktformular). Immer mehr Zuschriften erreichen uns! Wir bleiben dran!
Teil III der Serie „Bürger, wehrt Euch!“
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- gepostet am: Montag, 01. Juli 2019