
Nachgefragt | Der Abkassierer: Norbert Hartl
Der Krösus im Ehrenamt: Norbert Hartl.
Ein Politiker, mit dem sich die Stadtzeitung öfter beschäftigte, ist der frühere SPD-Fraktionschef Norbert Hartl (heute 71). Hartl sitzt seit 1978 im Stadtparlament, bis zum Korruptionsprozess tat er das für die Genossen im Rathaus. Er gilt nach außen als Stadtrat, den ein selbstloses Engagement im Sozialbereich antreibt. Doch so ganz selbstlos ist das alles gar nicht.
Allein als Stadtrat kassierte er da 1.720 Euro im Monat. Als Bezirksrat machte er noch einmal über 1.600 Euro im Monat. Da kassierte er aber als Vizepräsident und Schatzmeister noch extra. Mit seinen ganzen Preisrichter-, Aufsichts- und Verwaltungsratssitzen kam er nach der Stadtzeitungsrechnung auf 5.450 Euro – pro Monat! Nur aus dem Ehrenamt, zusätzlich zur Pension, die Hartl ja auch noch zusteht! Unfassbar!
Als ihn die Stadtzeitung damit konfrontierte, wiegelte er ab, die Rechnung stimme so nicht. „Sicher, 40.000 mögen es schon sein, die ich da im Jahr habe“. Es sindmehr gewesen. Doch auch 40.000 Euro im Jahr sind mehr als der Durchschnittsverdienst der Deutschen. Der lag 2017 bei rund 2.860 Euro brutto.
Hartl hat, so sagte er, ja „nichts Unkorrektes getan. Ich leiste auch viel als Bezirks- und Stadtrat, keiner geht wahrscheinlich zu mehr Sitzungen als ich.“ Kann schon sein – dafür steckt er ja auch Sitzungsgeld ein.
Wie es Hartl aber wirklich mit der Korrektheit hält, zeigt er im Rahmen der Korruptionsaffäre. Da wollte er nämlich ganz offenbar weiterhin ein Krösus im Ehrenamt bleiben und präsentierte sich als Abkassierer. Unter dem Druck der öffentlich vorherrschenden Meinung trat Hartl erst als Fraktionschef der SPD zurück – und dann gänzlich aus der Fraktion aus.
Doch seine einträglichen Aufsichtsratsposten, die für die SPD innehatte, wollte er nicht aufgeben, ebenso nicht den Stadtratsjob. Warum auch? Kassierte er da doch immer noch satt ab – als Stadtrat rund 700 Euro im Monat, dazu das Sitzungsgeld von 30 Euro pro Zusammenkunft, als Rewag-Aufsichtsrat knapp 500 Euro, bei der Sparkasse im Verwaltungsrat 725 Euro, zudem als Aufsichtsrat bei der Seniorenstift GmbH. Noch immer schob er neben seiner Pension als Fernmeldeoberrat pro Monat rund 2.000 Euro als Stadtvertreter ein – unglaublich.
Während der Zeit forderte die Stadtzeitung in mehreren Ausgaben offensiv den Rücktritt des „Westentaschen-Napoleons“, zum Teil in ganzseitigen Steckbriefen mit Hartls Konterfei und der Aufschrift „Gesucht wird der Charakter dieses Mannes!“ Hartls Raffzahn-Mentalität zog sich über Monate. Erst auf CSU-Antrag beschloss der Finanzausschuss seinen Rauswurf.
Im Korruptionsprozess sagte Hartl: „Die Stadtzeitung hat mir am meisten zugesetzt.“ Eine weitere Auseinandersetzung mit ihm dürfte es aber auch nicht mehr geben: Dass er 2020 erneut in den Stadtrat einzieht, scheint sehr zweifelhaft. (hk)
Die „Nachgefragt“-Reihe
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- 25.08. Straftat in Kreis Kelheim – Täternationalität verschwiegen?
- 18.08. Selbstzensur bei der Polizei? Täternationalität wird verschwiegen
- 09.08. Das Staatsgeheimnis: Knapp 280.000 ausreisepflichtige Migranten in Deutschland – was kosten die eigentlich?
- 08.08. Nicht mal fünf Euro für drei Mahlzeiten? – Der Verpflegungsskandal in den Altenheimen
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- 22.05. Auflösung: Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 08.05. Was zum Teufel ist das für ein Stollen? (Regensburger Unterwelten)
- 02.05. Schmierer-Welterbestadt Regensburg?
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- 24.01. Martyrium für den Denkmalschutz? Prof. Egon Greipl vom Bayerischen Staat in den Ruin getrieben
- 24.01. Grüne fallen um, Containerdepot ist auf dem Weg
- 24.01. Nach Insiderinfo: Grüne stehen mal wieder vorm Umfallen
- 22.01. Kippt Projekt Containerdepot? CSU will Anwohner und Natur vor Flächenfraß schützen
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- 26.10. Ist zerstörte Natur zu ersetzen? (Flächenfraß in Regensburg, Teil III/III)
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- 23.09. Wolfgang Haarer: Rock ʼnʼ Roll und Eskapaden
- 23.09. Baumkiller „Sportpark Ost“? (Flächenfraß in Regensburg, Teil II/III)
- 19.09. Containerdepot der Bahn sorgt für Protest (Flächenfraß in Regensburg, Teil I/III)
- 13.09. Kunst darf alles – in Regensburg nicht?
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- Endlich Wahlen! – die Kommunalwahl in Regensburg
- Der Bürger will mitreden (Bürger, wehrt Euch!, Teil VI)
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- Erich Gohl: Was schiefgeht, hängt nicht
- Gehört die Stadt den Radl-Rambos? (Bürger, wehrt Euch!, Teil V)
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- Die Stadt mal wieder voll daneben (Bürger, wehrt Euch!, Teil IV)
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Nachgefragt:
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
Die RSZ feiert 35-Jähriges! Mehr Artikel aus der Jubiläumsausgabe hier und nachfolgend:
- 1984
- Beamte, Busen, Paragraphen
- Die Goldgräberstimmung
- Schöne und nackte Mädchen
- Kurioses aus dem Anzeigenverkauf
- Der Kunde, der nie mehr kam
- Dauerkarte I: Der Dauergast: Joachim Wolbergs (Korruptionsaffäre)
- Dauerkarte II: Der Abkassierer: Norbert Hartl
- Peter K. und sein geheimnisvolles Buch
- Konservativ und unkonventionell
- Serie I: Regensburg – wie wir wurden, was wir sind
- Serie II: Besondere Plätze in Regensburg
- Das Scharfgericht für die Wirte
- Anekdoten aus 35 Jahren Regensburger Stadtzeitung
- Die Baumpaten und das ökologische Bewusstsein der Stadtzeitung (RKK)
- Serie III: Wie aus einer anderen Zeit
- Die Maulhelden und ihre Bücher
- Serie IV: In aller Herren Länder
- Serie V: Der Jahn von unten
- Die großartige Fußballkarriere der Stadtzeitung
- Die Stadtzeitung im Osten
- Der Mann, aus dem was wurde: Ulrich Lechte
- Die Frau, aus der was wurde: Juliette Greco
- Best-of Profile & Parolen
- Dauerkarte III: Unger, Unger immer wieder Unger!
- In & Out: Rückblick
- Der Veranstaltungsservice: Alles begann mit dem Bürgerfest
- Derblecken à la Regensburg
- Als der Papst kam
- Vom Sommerfest zum Truthahnfest
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- Wirbel um neue Taxi-App (Bürger, wehrt Euch!, Teil III)
- Außen pfui, innen – naja
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- Zwischen Knast und Freispruch (Korruptionsaffäre)
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- Ein Mann und seine Welt
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- Nach Pleiten, Pech und Pannen: Showdown im Wolbergs-Prozess (Korruptionsaffäre)
- Grün kaputt in Kumpfmühl (Bürger, wehrt Euch!, Teil I)
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- Faule Tricks mit unseren Bäumen – kommt Stadthalle über die Hintertür? (RKK)
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- Gewogen und für zu leicht befunden? (Korruptionsaffäre)
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- Der Artikel, der bundesweit Wellen schlägt: Was ist los bei der Staatsanwaltschaft? (Korruptionsaffäre)
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- Es bleibt – eine Tragödie (Korruptionsaffäre)
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- Ein Ordnungsamt komplett daneben
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- 600.000 Euro unterschlagen?
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- Joachim Wolbergs – eine Tragödie (Korruptionsaffäre)
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- gepostet am: Donnerstag, 01. August 2019