Jubiläum | Anekdoten aus 35 Jahren Regensburger Stadtzeitung

Jubiläum | Anekdoten aus 35 Jahren Regensburger Stadtzeitung

Skandal um Grace Jones: Der Gorki Park sorgte schnell für Schlagzeilen.

 

Der kurze Lockruf des großen Geldes

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Mit ihrem flotten Stil hatte sich die Stadtzeitung in der Szene bald schon einen Namen gemacht. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, als Anfang 1989 drei Diskothekenbetreiber an die Jungjournalisten herantraten. Die hatten in der Äußeren Wiener Straße eine Riesendiskothek hingestellt, den „Gorki Park“, und wollten eine eigene Diskotheken-Zeitschrift haben. Sechs Ausgaben für die damals unvorstellbare Summe von 60.000 Mark. Für das junge Unternehmen Stadtzeitung wie ein Sechser im Lotto!

Doch schon eine der ersten Veranstaltungen des Mega-Tanztempels stand unter keinem glücklichen Stern. Keine andere als die stets perfekt gekleidete, androgyne und atemberaubende Grace Jones war als Stargast verpflichtet worden. Doch wie das mit Diven halt mal so ist, erschien die damals 40-Jährige mit Verspätung. Mit erheblicher Verspätung. Die Leute murrten, die ersten verließen die Disco. Die Betreiber sahen eine Blamage nahen und als immer mehr Gäste gingen, versperrten sie kurzerhand die Ausgänge. Das Medien-Echo war entsprechend. Jedenfalls feilten die Zeitungsleute an der ersten Disco-Zeitung. Die erschien Anfang April, Macher wie Auftraggeber zeigten sich begeistert. Am nächsten Morgen wachte der stolze Doppelverleger Peter Kittel auf – der Radiowekker summte. Die erste Meldung, die er hörte, war die: „Diskothek Gorki Park in Regensburg abgebrannt … vermutlich Brandstiftung.“ Da war die Rechnung für die erste Nummer noch nicht einmal geschrieben – und der Traum vom großen Geld ganz schnell vorbei. (ssm)

 

 

Der Bäcker und die Fabeln

Für Geld machte die Regensburger Stadtzeitung in den Anfangsjahren so ziemlich alles. Keine Frage also, dass sie dem Ansinnen des selbsternannten Bäcker-Poeten Georg Schindler nachgaben: Der inserierte in der RSZ, forderte aber im Gegenzug für jede Anzeige den Abdruck einer von ihm selbstgefertigten Fabel. Einen ganzen Packen Geschichten hatte der Bäcker, der auch im Alex-Center ein Café führte und als Zauberer auftrat, den Zeitungsleuten zukommen lassen.

„Jetzt waren aber seine Semmeln deutlich besser als sein literarisches Werk“, erinnert sich Verleger Peter Kittel. „Wir haben die halbwegs druckbaren Geschichten rausgesucht.“ Aber irgendwann sei nicht mehr viel mit Substanz da gewesen. „Da haben wir eben das genommen, was da war.“ Zum Beispiel eine Fabel, die abrupt mit den Worten endete „Da fiel ihm der Ast auf den Kopf.“

Am Tag der Veröffentlichung klingelte das Telefon, der Geschäftsführer vom Schindler-Bäcker war dran. Was das für eine Unverschämtheit sei, das Werk des Chefs nicht komplett abzudrucken! Einfach eine Fabel zu kürzen und ohne Schluss abzudrucken! Das werde Konsequenzen haben! Jetzt konnten die Stadtzeitungsleute aber nachweisen, dass die von Schindler selbst angelieferte Fabel tatsächlich so endete, worauf dessen Geschäftsführer immer einsilbiger wurde und stammelte „Ah. So, tja. Na, dann is scho guat.“ Trotzdem war es das letzte Mal, dass die Gleichung Fabel = Anzeige für die Stadtzeitung aufging. Schindler hat nie wieder eine Geschichte in der RSZ veröffentlicht. Vielleicht auf Anraten des Geschäftsführers. (ssm)

 DonauRegensburg und seine Stadtzeitung haben viele Geschichten zu erzählen.

 

 

Die Bedienung und die zwei Zeitungs-Deppen

Nach dem Umbruch gab es für Peter Kittel und Heinz Mierswa ein festes Ritual: Nach mindestens zweitägigem Dauerstress ohne Unterlass ging es im Winter in den Kneitinger, im Sommer in die Kreuzschänke auf ein Essen und zwei Bier. 1985, nach der Juli-Produktion war Biergarten angesagt. Also Kreuzschänke. „Die hatte zwei Superlative“, erinnert sich Kittel. „Die größten Schnitzel und die unfreundlichsten Bedienungen.“

Was das Duo von der Zeitung gleich erfahren sollte: Am Eingang zum Garten hing ein Schild: „Betriebsurlaub vom 10. bis zum 25. September“. Die beiden bestellten ihr Schnitzel und das obligatorische Bier. Wollten dann Ketchup zu den Pommes Frites. Die Nachfüllflasche am Tisch war leer, also fragten sie bei der Bedienung nach.

„Ja, könnts ihr net lesen?“, kam die grantige Anwort. „Be – triebs – ur – laub!“ – „Ja aber doch erst im September, jetzt ist Ende Juli“, versuchte Kittel sein Glück erneut. Und wurde vehement niedergebügelt: „Ja glaubt‘s ihr denn, i mach wega euch zwei Deppen von der Zeitung davor noch einen neuen Kübel auf?“ (ssm)

 

 

Das unerwartete Aus eines großen Plans

1984, die ersten Ausgaben sind gedruckt, das Geld fließt noch nicht so. Krisensitzung. Der selbsternannte Spitzen-Anzeigenverkäufer M. plötzlich mit einer Spitzenidee. „Wir müssen freundlich auf die Leute zugehen! Und wir brauchen Sonderveröffentlichungen! Biergärten! Straßencafés! Ich zeig euch mal, wie das geht!“ M. greift zum Telefon. Ruft beim Café „Unter den Linden“, einem damals – im Gegensatz zu heute – wohl etwas heruntergekommen Wirtshaus, an. Beginnt furios. „Ein wunderschönes Grüß Gott, Herr Soundso! M. hier, Regensburger Stadtzeitung, Sie verstehen! Wir planen großartige Sonderseiten, genau das Richtige für Sie und ihr Café ...“ Weiter kommt er nicht, wird unterbrochen. Stockt. „Ja, aha, mh.“ und legt auf. Alle schauen M. mit großen Augen an. „Und, was hat er gesagt“? M. druckst ein wenig herum, rückt dann mit der Sprache heraus. „Äh ja, und zwar hat der, also, der Wirt hat, gesagt hat er: ‚Was, a Werbung? In mei greisliche Hütt‘n d‘Leit eineilocka?? Na, mit mir ned!’“ Das war dann gleichzeitig das Ende der Akquisitionstätigkeit des großen Verkaufsstrategen M.

 


 

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Wie Kuchlbauer Stadtzeitungskunde wurde

1998, Anzeigenchef S. will endlich den Weißbierbrauer Kuchlbauer aus dem niederbayrischen Abensberg als Anzeigenkunde gewinnen. Er hat den freiberuflich für die Stadtzeitung tätigen Redakteur M. gebeten, ihm ein schlüssiges PR-Konzept zu erstellen, M. hat alles vorbereitet, Leseranalyse, Verteilung, Gewinnspiel-Vorschläge, gemeinsame Aktionen, Sonderthemen, in der Präsentationsmappe warten schlüssige Strategien. M. wohnt im westlichen Landkreis, S. holt ihn ab. Der Anzeigenmann will bei Nittendorf zurück auf die A3, dann über die A 93 und Offenstetten zu Kuchlbauer-Chef Leo Salleck nach Abensberg. „Nein“, sagt M., „kennst dich wohl nicht aus auf dem Land? Irgertshofen, Ihrlersteiner Forst, die Rennstreck halt. Bei Kelheim über die Serpentinen bei Weltenburg, Sandharlanden, schon samma da.“

S. will auf der Strecke über die Autobahn beharren, keine halbe Stunde bis Abensberg, in 40 Minuten ist der Termin. Doch M. duldet keinen Widerspruch. „Wohn i da herauß’n oder du?“ S. fügt sich.

Bei Irgertshofen blockiert eine Schafherde die Fahrbahn, 15 Minuten Zeitverlust. S. wird leicht unruhig. Den Ihrlersteiner Forst haben sie fast durchquert, da liegt ein Baum quer über der Fahrbahn. Forstarbeiten. 20 Minuten Zeitverlust, S. ist nervös. An der Einmündung zur Kreisstraße nach Kelheim ein Unfall. „Und jetzt?“, fragt S. nahe am Nervenzusammenbruch.

„Koa Problem“, sagt M. „Zurück bis Alling über Saxberg, Rosengarten, Gundelshausen, Abbach, B 16, zack Abensberg.“ Der Termin beginnt in fünf Minuten. Kaum 50 Minuten später trifft das Stadtzeitungsduo in Abensberg ein. S. entschuldigt sich tausendmal, der Verkehr, die Widrigkeiten. „Mir wollten über d’Rennstreck“, sagt M. und zieht das Konzept hervor. „Rennstreck?“, wundert sich Salleck. „Wie?“ – „Mei“, sagt M. und öffnet die Mappe. „Ihrlersteiner Forst, Kelheim, Alling, Rosengarten, Abbach, B 16 Abensberg.“

Salleck bleibt der Mund offen stehen. Aber nur für eine Sekunde. Dann sagt er: „Bei euch mach i eine Anzeige, weil ihr seid’s auf jeden Fall unwahrscheinlich kreativ. So is noch nie irgendwer nach Abensberg gefahren …“ (ssm)

 SallekKuchlbauer-Chef Leo Salleck.

 


 

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Der Still-Schock für den Anzeigen-Mann

Zu den Anfangszeiten der Stadtzeitung waren die Macher um jede Anzeige froh, griffen nach jedem Strohhalm, der ein Inserat verheißen konnte. Begab man sich zum Zwecke der Akquisition auch in Kreise, die einem eher suspekt erschienen: z. B. in die Alternativ-Szene, die damals der festen Ansicht war, dass Stadtmagazine ausnahmslos linksalternativ-klassenkämpferisch zu sein haben.

Jedenfalls begab es sich in dieser Gründerzeit, dass Anzeigenchef Thomas Radek in einen alternativen Laden in der Innenstadt marschierte. Er besprach mit der Inhaberin gerade Möglichkeiten und Preise einer etwaigen Insertion, als ein etwa vierjähriger Junge auf die Dame losmarschierte, ihren Strickpulli lüpfte und geräuschvoll an ihrer BH-freien Brust zu saugen begann.

Unterdessen sprach die Dame seelenruhig weiter. Radek indes konnte ihren Worten nicht mehr folgen und flüchtete. Schwer traumatisiert kehrte er ohne Vertragsabschluss in die Redaktion zurück. Er beschloss noch am selben Tag, dem Kundenstamm jenseits der alternativen Szene künftig deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken. (ssm)

 


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