Nachgefragt | Regensburger Jahresausblick – das kommt 2020 auf uns zu

Nachgefragt | Regensburger Jahresausblick – das kommt 2020 auf uns zu

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Es gibt ein paar Dinge, die sind in Regensburg jedes Jahr gleich und doch immer wieder schön: So wird es auch 2020 den Adlersberg geben, den Bockanstich beim Kneitinger am ersten Donnerstag im Oktober, eine Mai- und eine Herbstdult. Den Romantischen Weihnachtsmarkt auf Schloss Thurn und Taxis, das Jazzweekend, viel zu viele Touristen, die uns doch erst wieder zeigen, wie herrlich unsere Stadt ist, oder die Schlossfestspiele. Doch dann gibt es auch Ereignisse, die ein Jahr ganz speziell machen. So auch das Jahr 2020. Die Stadtzeitung nennt beim Namen, was in den nächsten zwölf Monaten so auf uns zukommt.

Die Korruptionsaffäre um den vom Dienst suspendierten OB Joachim Wolbergs beschäftigt die Stadt bald schon im vierten Jahr. Ende Januar 2020 soll nach dem Terminplan des Landgerichts das Urteil im zweiten Prozess gegen den früheren SPD-Rathauschef und jetzigen Spitzenfunktionär des Wahlvereins „Die Brücke“ fallen, der diesmal ja auch wegen Bestechlichkeit angeklagt ist. Durch vielfältige Verzögerungen dürfte dieser Zeitplan aber wohl nicht mehr zu halten sein.

Zwar hat Wolbergs in diesem Verfahren keine Richterin, die ihm so mütterlich begegnet wie Elke Escher im ersten Prozess, doch das Ergebnis wird wohl das gleiche sein: Egal, wie das Urteil ausfällt, entweder die Staatsanwaltschaft oder Wolbergs werden Revision einlegen. Bis über diese entschieden ist, wird noch viel Zeit ins Land gehen. Die Stadtzeitung wagt die Prognose, dass die Korruptionsaffäre 2020 jedenfalls noch nicht abgeschlossen ist.

Wolbergs Joachim Wolbergs wird auch zu Beginn des Jahres 2020 öfter im Saal 104 des Landgerichts sitzen, das Urteil fällt wohl erst im Frühjahr.

Die Wahl 2020 – wer wird Chef im Rathaus?

Damit dürfte zumindest ziemlich sicher sein: Joachim Wolbergs ist bis zur Kommunalwahl am 15. März 2020 nicht rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt, die es ihm unmöglich machen würde, das Amt des Oberbürgermeisters erneut zu bekleiden. Heißt: Er könnte trotz ungeklärter Korruptionsaffäre den Titel des Rathauschefs verteidigen – pikant!

Denn die Landesanwaltschaft würde Wolbergs – sollte er tatsächlich ein zweites Mal OB werden – wohl weiter vom Dienst suspendieren und Regensburg bliebe abermals in einer Art Schockstarre, weil im Rathaus einfach jemand fehlt, der der Verwaltung zeigt, wo es lang geht.

Stärken und Schwächen der Kandidaten

Wolbergs hat mit seiner Brücke genug Unterstützer für eine eigene Stadtratsliste gefunden und es gibt nicht wenige, die in ihm eine Art Märtyrer sehen, nachdem die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen wiederholt weit über das Ziel hinausgeschossen war (die Stadtzeitung berichtete). Es dürfte nicht auszuschließen sein, dass er es bei neun OB-Kandidaten sogar in die Stichwahl schafft. Wolbergs ist zweifellos ein Menschenfänger, der sein Klientel zu überzeugen weiß. Die Korruptionsaffäre und die Verurteilung wegen Vorteilsannahme schaden ihm aber natürlich. Trotzdem traut die RSZ der Brücke fünf Sitze im Stadtrat zu.

11 Dr. Astrid Freudenstein will vom Berliner Reichstag ins Regensburger Rathaus wechseln.

Doch wie sieht es bei den anderen Kandidaten aus? Ein klarer Favorit tut sich da nicht hervor. Für die CSU tritt Dr. Astrid Freudenstein an, die als Bundestagsfrau mit sonnigem Gemüt mit viel Vorschusslorbeer bedacht wurde. Ihr Plus: Sie ist als frisches Gesicht unverbraucht, könnte somit tatsächlich für neuen Schwung in ihrer Partei stehen. Ihr Nachteil: Sie legte bei der Aufstellung ihrer Stadtratsliste gleich mit dem Dampfhammer los und verjagte manchen altgedienten Stadtrat. Dass sie beispielsweise auf Stimmenkönig Hans Renter verzichtet, werten Politprofis als fundamentalen strategischen Fehler, der ihr böse auf die Füße fallen könnte. Die CSU insgesamt dürfte bei der Wahl auf etwa 14 Sitze im Stadtrat kommen (bisher 17), vielleicht auch nur auf zwölf, wenn die Plakate so schlecht bleiben.

Die derzeitige Übergangsrathauschefin Gertrud Maltz-Schwarzfischer geht für die SPD ins Rennen. Ihre Stärke: Nach Wolbergs‘ Suspendierung wurde sie als Stellvertreterin ins kalte Wasser geworfen und hat es geschafft, unaufgeregt die Dinge zu verwalten und etwas Ruhe in die Stadtpolitik zu bringen. Ihre Schwäche: Sie verwaltet eben nur. Immer wieder entsteht der Eindruck, nicht sie bestimmt, was in der Stadt passiert, sondern die Verwaltung. Die SPD, in Bayern und im Bund ohnedies im freien Fall, dürfte in Regensburg auch wegen der Brücke nochmals ziemlich verlieren. Tipp der RSZ: Statt bisher 17 Sitze werden es nur noch sechs.

Ludwig Artinger (Freie Wähler) gilt als seriöser, verlässlicher Mann mit großem Potential. Der Richter kann auch Versäumnisse der bunten Koalition (der er ja angehört) selbstkritisch einräumen. Das macht ihn sehr glaubwürdig. Sein Pech: Auch wenn seine Partei im Aufwind ist, gilt er im Kampf um den OB-Sessel noch als Außenseiter. Immerhin könnten die FW unter seiner Führung ihre Stadtratsmandate verdoppeln – von drei auf sechs.

Ähnlich verhält es sich bei Stefan Christoph. Die Grünen dürfen damit rechnen, in Regensburg großer Gewinner der Wahl zu werden, vielleicht zweitgrößte Fraktion im Stadtrat mit neun oder zehn Sitzen. Christoph wird trotzdem nicht OB werden – er ist schlichtweg zu unbekannt und langweilig. Hätte sich Jürgen Mistol aufstellen lassen – die Grünen hätten gute Chancen gehabt, den nächsten OB zu stellen.

Keine große Rolle dürften die Kandidaten Horst Meierhofer (FDP / RSZ-Tipp: 2 Sitze), Bernhard Suttner (ÖDP / 3 Sitze) Irmgard Freihoffer (Linke / 2 Sitze) Christian Janele (CSB / 1 Sitz) bei der OB-Wahl spielen. Tina Lorenz (Piraten) wird sich wohl aus dem Stadtrat verabschieden. Dafür dürfte aber die AfD (stellt keinen OB-Kandidat) mit vier oder fünf Sitzen einziehen.

Meierhofer und ArtingerLudwig Artinger: seriöser, verlässlicher Mann mit großem Potential.
Er dürfte keine große Rolle bei der Wahl spielen: Horst Meierhofer.

Bauen, Bauen, Bauen

Nicht nur im Stadtrat, auch im Stadtbild dürfte sich einiges ändern. Am Ernst-Reuter-Platz wird der Wirsingbau fallen, der provisorische Busbahnhof (warum nicht gleich der richtige gebaut wird, hat noch immer niemand richtig schlüssig erklärt) entsteht dort.

Wirsingbau Ernst Reuter PlatzDieses Bild wird es 2020 nicht mehr geben: Der Wirsingbau am Ernst-Reuter-Platz weicht dem provisorischen Busparkplatz.

Das Dörnbergviertel wird erschlossen (Kosten: insgesamt 3.7 Millionen Euro), die neue Klenzebrücke verbindet es mit Königswiesen. In Burgweinting entsteht ein neues Industrie- und Wohngebiet, an der Guerickestraße auf dem ehemaligen Bosch-Gelände werden günstige Wohnungen gebaut.

Wo einst die Prinz-Leopold-Kaserne stand, sollen eine Leichtathletikhalle und ein neues Schwimmbad hochgezogen werden (kosten zusammen 23,5 Millionen Euro). An der Franz-Josef-Strauß-Allee wächst das neue Depot der städtischen Museen in die Höhe (mit rund 28 Millionen Euro veranschlagt). Die Kerschensteiner Berufsschule und die Grundschule Königswiesen sollen erweitert, die Schule am Sallerner Berg saniert und die Kreuzschule auf dem ehemaligen Jahnstadion-Gelände weitergebaut werden.

Sorge um Jahn und EVR

Und da sind ja auch noch die beiden großen Sportvereine! Bei beiden sind wir in Sorge, beim EVR wegen seines sportlichen Niedergangs, beim Jahn wegen des sportlichen Erfolgs.

Die Eishockeyspieler kommen in den letzten Spielzeiten einfach nicht richtig voran, in der aktuellen Saison muss sogar um den Oberligaverbleib gebangt werden! Eigentlich sollte es ja kein Problem sein, zwei Mannschaften hinter sich zu lassen, um wenigstens in die Playoffs einzuziehen. Doch der EVR ist mal über dem Strich, mal darunter. Das sieht trotz des Trainerwechsels eher nach einer Durchwürgerunde aus.

Viel mehr Freude machen uns die Kicker vom Jahn. Jede Zweitligasaison ist ein Geschenk für die Stadt und auch wenn der zwischenzeitlich erreichte obere Tabellenplatz bei der Ausgeglichenheit der Liga nicht unbedingt die große Aussagekraft besitzt, sieht es doch sehr danach aus, als solle die Liga gehalten werden können. Zu den drei geschenkten Jahren dürfte im Sommer ein viertes dazukommen – und das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit.

Jahn

Doch in diese Freude mischt sich auch etwas Wehmut: Kapitän Marco Grüttner, gerne als „Mentalitätsmonster“ beschriebener Vorkämpfer auf dem Platz, geht aus familiären Gründen zurück nach Baden-Württemberg. Und der SSV droht auch noch eine andere Führungsfigur zu verlieren! Sportdirektor und Geschäftsführer Christian Keller sagte im Kicker: „Ich mache das jetzt seit sechseinhalb Jahren, (...) es ist wirklich sehr zeitintensiv. Ich muss daher in erster Linie eine private Entscheidung treffen. Außerdem sollte man sich immer die Frage stellen, ob man nach so langer Zeit einem Klub auch noch die richtigen Impulse geben kann.“

Das klingt nach Abschied im Sommer 2020 – und es wäre ein herber Verlust. Denn Keller war es, der mit den Trainerverpflichtungen Weinzierl, Herrlich, Beierlorzer und jetzt Selimbegovic stets den Richtigen holte und trotz schmalem Geldbeutel immer eine schlagkräftige Truppe zusammenstellte.

A3 bleibt Nerv-Baustelle

Im nächsten Jahr werden die Autofahrer rund um Regensburg wieder viele Stunden im Stau verbringen. Besonderes Sorgenkind bleibt dabei die A3, die ja auf 15 Kilometern Länge für 230 Millionen Euro sechsspurig ausgebaut wird. Bis 2024 werden deshalb die Fahrspuren verengt, es gilt Tempo 80.

Auch 2020 wird es im Zusammenhang mit dem Ausbau mehrere Vollsperrungen (jeweils Samstagabend bis Sonntagnachmittag) geben, die erste gleich von 18. bis 19. Januar zwischen dem Autobahnkreuz Regensburg und Rosenhof in beiden Richtungen. Weitere Sperrungen: 20./21. Juni (erneut zwischen dem Kreuz Regensburg und Rosenhof in beide Richtungen) und 17./18. Oktober (zwischen Burgweinting und Rosenhof in Richtung Passau, zwischen Rosenhof und Regensburg-Ost in Richtung Nürnberg).

A3Die A3 wird sechsspurig ausgebaut.

Festivals, Festivals, Festivals

Neben dem Jazzweekend (16. bis 19. Juli 2020) und den Odeon-Schlossfestpielen (17. bis 26. Juli, u. a. mit Xavier Naidoo, Sarah Connor und David Garrett) gibt es im nächsten Jahr auch die Neuauflage des „Heimatliebe“-Festivals (im Juni)!

Außerdem wird es besonders im Juli auf dem Pürkelgut-Gelände hoch hergehen. Am 4. Juli gibt es das „Holi-Festival of Colours“, am 11. Juli „Love, Peace und Blasmusik“ und am 18. Juli die „Ole-Party“ mit vielen Ballermann-Stars wie Michael Wendler, Ikke Hüftgold, Giovanni Zarella, Mia Julia oder Die Atzen. Eine Neuauflage des Elektro-Festivals „Zuckerbrot und Peitsche“ ist ebenfalls auf dem Pürkelgut geplant.

Was macht der neue Kulturreferent?

Mit Spannung wird erwartet, wie der neue Kulturreferent Wolfgang Dersch sein erstes großes Projekt in die Tat umsetzt. Das kulturelle Jahresthema der Stadt lautet heuer nicht unpassend „Provinz – Stadt – Metropole“ und zeichnet die Entwicklung der Stadt nach (auch wenn Spötter sagen, dass Regensburg kulturell noch immer Provinz ist).

Das Kulturreferat wird in Kooperation mit der Universität Regensburg eine Vortragsreihe konzipieren. Lokale Experten sowie hochkarätige auswärtige Referenten sollen wichtige Wegmarken beleuchten – von der Spätantike bis hin zur Gegenwart. Angekündigt wird das Ganze als „unterhaltsame und informative Reise durch die Höhen und Tiefen der Stadtgeschichte“. Möge die Übung gelingen! (ssm)

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

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  • gepostet am: Donnerstag, 05. Dezember 2019

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