Jubiläum | Kurioses aus dem Anzeigenverkauf  – Simca, Talbot und das vermaledeite „T“

Jubiläum | Kurioses aus dem Anzeigenverkauf – Simca, Talbot und das vermaledeite „T“

Die drei Helden der Anzeigenmontage: Karl-Heinz Mierswa, Peter Kittel, Thomas Radek (von rechts) im legendären Produktionsraum des „Turmbüros“ am noch legendäreren Leuchttisch.

Aller Anfang ist bekanntermaßen schwer – und schwer tat sich die junge Mannschaft der Stadtzeitung in den ersten Monaten auch bei dem Versuch, Anzeigenaufträge zu akquirieren. Ein Grundgerüst war vorhanden, die Szenegastronomen unterstützten die frische Zeitschrift. Aber der Bereich war ausbaufähig. Verleger Kittel setzte im Außendienst auf junge, hübsche Akquisiteurinnen und später zusätzlich auf Geschäftsführer Thomas Radek. Mit einem Umsatz von rund 4.000 Mark entstand damals eine Zeitung. Heute undenkbar, zur Kostendeckung muss ein Vielfaches an Anzeigenerlösen her – in Euro.

- Anzeige -
Eines hat sich durch all die Jahre nicht geändert: In die Kunden lässt sich nicht hineinschauen. Da gibt es hochseriöse, auf deren Wort Verlass ist. Aber eben auch andere. Wie einen Weinladen, der in den Achtzigerjahren in unmittelbarer Nähe des Redaktionsturmes ansässig war, regelmäßig Anzeigen schaltete und brav bezahlte. Bei dem aber nie viel los war – und zum Schluss gar nichts mehr, weil ihn die Polizei als Drogenumschlagplatz hochnahm.

Oder der Italiener um die Ecke, zu dem die Stadtzeitungsleute mittags gern gingen. Wo sie öfter aßen, auch wegen einer Anzeige vorsprachen, aber – obwohl sie fast immer die einzigen Gäste waren – immer das Gefühl hatten, sie würden stören. Das Gefühl trog sie nicht: Der Laden war ein Geldwäschebetrieb.

Die Verkäuferin und der Dreifaltigkeitsberg

Mit ein bisschen „Unterwelt“ hatten die Stadtzeitungsleute auch in den eigenen Reihen zu tun. Nach ersten erfolgreichen Jahren warb Anzeigenchef Radek der Konkurrenz eine Verkäuferin ab. Die Dame mit der rauchigen Stimme war erfolgreich, hatte aber einen Spleen: Punkt zwölf machte sie Mittag und kam gegen zwei Uhr wieder. Tag für Tag. Eines Tages kam sie nicht mehr. Nicht um zwei, nicht um drei, nicht um fünf.

Tagelang versuchten Radek und Kittel, die Dame aufzuspüren. Bis sie in der „Woche“ lasen, dass eine Anzeigenverkäuferin Autos aufgebrochen hatte und erwischt wurde. Regelmäßig hatte sie am Dreifaltigkeitsberg aus den vor dem Friedhof parkenden Wagen Handtaschen geklaut. Immer zur Mittagszeit. Glücklicherweise ließ der Text keine Rückschlüsse auf die Stadtzeitung zu. Die „Woche“ hatte noch den alten Arbeitgeber der Dame genannt …

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„Sie müssen halt mit Profis arbeiten“ …

Dass es mal Fehler in einer Anzeige gibt, kommt vor. Bei allen Zeitungen. Dass es peinliche Fehler gibt, soll auch vorkommen. Doch die Stadtzeitung wäre nicht die Stadtzeitung, könnte sie nicht ein Vorkommnis aufweisen, das in der nicht existierenden Rangliste der peinlichsten Pannen im Anzeigenverkauf ganz vorne platziert wäre:

Anzeigenchef Radek war es gelungen, endlich einen Autohändler als Kunden zu gewinnen. Er hatte einen Fehler in dessen Inserat bei der Konkurrenz gefunden, ihn angerufen. „Sie müssen halt mit Profis arbeiten“, tönte der Stadtzeitungsmann großspurig, der Simca-Händler ließ sich überzeugen.

Damals wurde eine Zeitung noch komplett in Handarbeit zusammengebaut, eine Anzeige wurde aus verschiedenen Bestandteilen montiert. Simca war zu jenen Tagen im Übergang zu „Talbot“ begriffen, folglich sollte die Annonce auch ein „T“ enthalten. T wie Talbot.

Umbruchchef Heinz Mierswa, von dem Peter Kittel augenzwinkernd sagt, er habe „nie wirklich Ahnung von irgendwas gehabt außer von Fußball“, fügte die Elemente zusammen. Stellte dabei das „T“ auf den Kopf. Die Anzeige erscheint, der Kunde ruft an, gutgelaunt. Reagiert erstaunlich lässig, lacht sich kaputt, fragt: „Wie war das mit den Profis?“ Bezahlt hat er die Anzeige nicht. Erst, wenn sie korrekt erscheint, soll Geld fließen.

In der nächsten Ausgabe, so wird vereinbart, gibt es die Anzeige kostenlos. Der Simcamann ist einverstanden, es gehen vier Wochen ins Land. Kittel, Radek und Mierswa haben die Angelegenheit längst vergessen, nur die Anzeige ist eingeplant. Sie wird auch wieder eingebaut – und zwar unverändert. Diesmal ist der Kunde wütend. Sagt, er habe „viel Gespür für junge Leute, aber jetzt ist Schluss“. Immerhin, er will den aufstrebenden Publizisten eine dritte Chance geben.

T falschT richtigDas vermaledeite „T“: Um diese Anzeige rankt sich eine wunderbare Geschichte ...

Jetzt sind alle sensibilisiert, Kittel und Radek wissen, es darf nichts mehr passieren. Mierswa wird zur Sorgfalt gemahnt, sie selbst wollen aufpassen. Der Umbruch verläuft wie immer, Mierswa ist weg, in sein Wirtshaus, das er damals schon hatte. Radek und Kittel packen die Sachen für den Kurier, der die Unterlagen in die Druckerei bringen soll. Da fällt es ihnen ein: „Jessas, die Anzeige!“ Sie überprüfen das Talbot-Inserat, das T steht noch immer auf dem Kopf. Also drehen sie es um, sind zufrieden. Machen die Druckunterlagen bereit für die Abholung. Wollen dann in Mierswas „Alte Länd“, um ein paar Bier zu trinken und den Umbruchchef zu flachsen ob dessen Nachlässigkeit.

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Doch der ist nicht in seinem Wirtshaus. Niemand weiß, wo er steckt. Nach Stunden kommt Mierswa ins Lokal. Grinst über beide Backen. „Na, ihr zwei Deppen“, sagt er, „was habt ihr denn vergessen?“ Und berichtet davon, wie er den Kurier gerade noch erwischt hat, bevor der los wollte. „Gottseidank hab ich aufgepasst und dieses Zeichen von der Autoanzeige noch umgedreht“, berichtet Mierswa voller Stolz. Und kann gar nicht verstehen, warum Kittel und Radek auf einmal kreidebleich sind. Hektische Anrufe in der Druckerei blieben ungehört. Nachts wird gedruckt – nicht telefoniert …

Jedenfalls war dies das Ende der so hoffnungsvollen Geschäftsbeziehung. Der einzige Satz, den Radek damals am Biertisch herausbrachte, war: „Ich glaube, ich brauche gar nicht erst versuchen, dem Kunden das zu erklären.“ (ssm)

 


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