Nachgefragt | Werden die Scheidungen ansteigen? – Lockdown und Psyche

Nachgefragt | Werden die Scheidungen ansteigen? – Lockdown und Psyche

Corona als Beziehungstöter. Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey, vom 9./10.06.2020 unter 2.500 verheirateten Personen, nahelegt, werden sich die Scheidungen coronabedingt um ein Fünffaches erhöhen. Veränderter Alltag, wirtschaftliche Existenzängste, Stress – wie hat sich der Lockdown auf uns ausgewirkt? Die Stadtzeitung hat nachgefragt.

- Anzeige -

Mario Weikl (Spannungsmechaniker)

Mario Weikl (Spannungsmechaniker)

Der Lockdown war eine schwere Zeit. „Vor allem, wenn man zwei Kinder zu Hause hat. Homeschooling. Wir sind keine ausgebildeten Lehrer.“ Hatte das Auswirkungen auf die Partnerschaft? „Bis jetzt noch nicht“, erwidert Weikl. „Es gibt bestimmt manche Leute, die zu viel aufeinander sitzen. Das hat Streitpotential. Man ist überfordert, weil die Kinder zu Hause sind.“ Und die Gehaltskürzungen durch die Kurzarbeit machen das nicht besser.

Mohammed Hussein (Verkäufer)

Mohammed Hussein (Verkäufer)

Er hat die Isolation mit neuen Sportgeräten begonnen. Doch die Konflikte auf engem Raum waren vorprogrammiert: Der Mann seines Mitbewohners zog zur Zeit des Lockdowns in die WG ein und dessen Sauberkeitszwang intensivierte sich. Auf die letzten 15 Tage zog Hussein daraufhin zu seiner Freundin. Der Tagesablauf war geregelt. „Der Lockdown fühlte sich ähnlich an wie Gefängnis.“ Wie lange hätte er das noch ausgehalten? „15 Tage“, lacht er. „Es kann schon zu Konflikten kommen, wenn man immer den gleichen Menschen sieht. Man denkt dann viel mehr über die Beziehung nach. Aber es liegt natürlich an den Leuten, nicht am Lockdown. Man muss immer aufpassen, dass es nicht langweilig wird.

Karl Brosenbauer (Bautechniker)

Karl Brosenbauer (Bautechniker)

Da er seit 20 Jahren im Homeoffce ist, veränderte sich häuslich für ihn nichts. „Allerdings hat die Maskenpflicht das Virus immer präsent gemacht. Durch die ständigen Angstbotschaften traut sich eine Freundin von über 50 nicht mehr aus dem Haus. Die Kinder empfängt sie mit Abstand im Garten.“ Kommt da kein Lagerkoller auf? „Nein, ich und meine Frau sind einfach rausgegangen. Und wir haben eine sehr große Terrasse.“ Und wo andere an Scheidung denken, ist bei ihm die Beziehung intensiver geworden. „Die Paare, bei denen es nicht schon vorher gekriselt hat, sind nicht gefährdet. Aber wenn in einer Familie plötzlich beide arbeitslos sind, kann das schon in Konflikten enden. Auch dass das Homeschooling problematisch ist, habe ich schon öfter gehört. Wenn etwa die Computernutzung getaktet werden muss. Da sind bildungsfernere Familien im Nachteil.

Gerhard Hölzle (Heilerzieher)

Gerhard Hölzle (Heilerzieher)

„Als Mensch mit psychischen Problemen fühlte ich mich beim Lockdown alleingelassen. Therapie über Zoom ist schon etwas anderes.“ Außerdem gehört er zur Risikogruppe. „Nach der zweiten Chemo war mein Immunsystem im Arsch.“ Doch trotzdem beeinflusste der Lockdown seine Partnerschaft nicht. „Ich und meine Frau sind seit 30 Jahren zusammen, da sitzt man das relativ gut aus. Aber dass es mehr Stress in Beziehungen gegeben hat, kann ich mir gut vorstellen. Mehr Stress und häusliche Gewalt. Und psychische Probleme verstärken sich.“

Hugo Meier (Rentner)

Hugo Meier (Rentner)

Wie hat sich der Alltag verändert? „Nicht sehr. Weil ich Rentner bin. Außerdem hab ich trotzdem gemacht, was ich wollte.“ Auch wirtschaftliche Existenzängste konnten ihn als Pensionär nicht treffen. Und die Mitbewohner? „Auch nicht. Mein Sohn, mit dem ich zusammenlebe, hat als Apotheker ganz normal weitergearbeitet.“ Konflikte könnte er sich bei Familien mit Kindern vorstellen. „Die Aggressivität hat sicher zugenommen. Vor allem bei Jugendlichen, die keine Möglichkeiten hatten, sich auszuleben. Wo sollen die ihren Stau denn ablassen?“

Hubertus Stumpf (Redakteur)

Hubertus Stumpf (Redakteur)

Die viele Freizeit durch Kurzarbeit fühlte sich für ihn an wie Urlaub. „Anfänglich zumindest. Aber dann kamen natürlich die Sorgen, wie sich das gesamtwirtschaftlich auswirkt. Und allmählich merke ich, dass ich zu viel Zeit habe – und das ist auch nicht immer gut.“ Er wohnt allein, geschieden mit zwei Kindern. Außerdem wohnt er nicht in der Stadt. „Da kann man den Menschen aus dem Weg gehen. Nur, wenn es sowieso schon kriselt, dann verschärft sich das sicher. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass die Geburtenrate steigt“, denkt er lächelnd nach. (lnw)

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

  • Tags:
  • gepostet am: Donnerstag, 02. Juli 2020

Nachgefragt weitere Artikel

Nachgefragt | Stadt Regensburg will mächtige Eiche fällen – Bürger, wehrt euch!

Nachgefragt | Stadt Regensburg will mächtige Eiche fällen – Bürger, wehrt euch!

Die 100-jährige Stieleiche am Rennplatz im Münzer Weg soll weg. Wie kann man als Regensburger Bürger gegen den Flächenfraß der Verwaltung vorgehen?

>> weiterlesen

Nachgefragt | Toiletten, Parkgebühren und Kriminalität – das Bürgerfest unter der Lupe

Nachgefragt | Toiletten, Parkgebühren und Kriminalität – das Bürgerfest unter der Lupe

Die Stadt schätzt die Bürgerfest-Besucher auf 280.000. Es war warm, die Sonne schien und die Atmosphäre war gut. Doch wir haben noch ein bisschen tiefer gebohrt.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Biotopkiller Containerdepot schmettert Klage ab – Interview mit Gegnerin Bernadette Dechant

Nachgefragt | Biotopkiller Containerdepot schmettert Klage ab – Interview mit Gegnerin Bernadette Dechant

Die Bahn will ein Containerdepot bauen. Dafür soll eine 12,5 ha große Grünfläche größtenteils versiegelt werden.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Update: Eifrige Polizeipraktikantin denunziert erfahrenen Ermittler

Nachgefragt | Update: Eifrige Polizeipraktikantin denunziert erfahrenen Ermittler

Der Prozess um einen Kripobeamten, der von einer Praktikantin quasi der Polizeigewalt gegen einen irakischen Tatverdächtigen bezichtigt wurde, endet nun mit dessen Freispruch.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Stadt Regensburg will 100-jährige Stieleiche fällen

Nachgefragt | Stadt Regensburg will 100-jährige Stieleiche fällen

Die alte Stieleiche am Rennplatz im Münzer Weg hat einen Umfang von 210 Zentimetern,. Laut städtischer Baumschutzverordnung ein Baum erster Güte.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Ist Justitia auf dem linken Auge blind?

Nachgefragt | Ist Justitia auf dem linken Auge blind?

Ein deutscher Security-Mitarbeiter muss 80 Sozialstunden leisten. Während die Justiz hier hart durchgreift, gibt sie sich sie bei kriminellen Migranten eher lasch.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Mehr Messerangriffe in Regensburg

Nachgefragt | Mehr Messerangriffe in Regensburg

Seit 2020 steigt die Zahl der Messerattacken in Regensburg. Der Anteil der Ausländer ist hoch.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Eisenstangenattacke von Hemau – Migrationshintergrund mal wieder Staatsgeheimnis

Nachgefragt | Eisenstangenattacke von Hemau – Migrationshintergrund mal wieder Staatsgeheimnis

2023 kommt es zu einem gewaltsamen Angriff auf zwei Brüder in Hemau. In den meisten behandelnden Medien gibt es keinen Hinweis auf die Nationalität oder möglichen Migrationshintergrund.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Eifrige Polizeipraktikantin denunziert erfahrenen Ermittler

Nachgefragt | Eifrige Polizeipraktikantin denunziert erfahrenen Ermittler

Als ein Iraker bei einer Vernehmung sein Handy zerstören will, schreitet ein Polizeibeamter mit einem „Schockschlag“ ein und steht nun vor Gericht.

>> weiterlesen

© Regensburger Stadtzeitung