Nachgefragt | Migrantenabschiebung in Regensburg: Nur Tropfen auf den heißen Stein

Nachgefragt | Migrantenabschiebung in Regensburg: Nur Tropfen auf den heißen Stein

Mindestens acht Polizeiwägen vor dem Ankerzentrum ließen Abschiebungen im größeren Stil vermuten.

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Am Morgen des 11.07.2024 kommt es vor dem Ankerzentrum Regensburg Ecke Landshuter Straße/Zeißstraße zu einer Abschiebeaktion mit großem Polizeiaufgebot (wir haben berichtet). Polizei und Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) geben kaum Informationen preis, weil die Aktion noch nicht abgeschlossen sei. Nun veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen eine Stellungnahme zu der Abschiebeaktion:

Pressemitteilung LfAR, 24.07.2024

Heute startete am Flughafen Leipzig unter der Federführung des Freistaats Bayern ein Sammelcharter mit der Destination Enfidha/Tunesien, mit dem insgesamt 25 vollziehbar ausreisepflichtige Tunesier erfolgreich rückgeführt werden konnten. Alle 15 zugeführten Personen aus Bayern entstammten aus der Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde Oberpfalz. Der Großteil der Personen konnte in einer koordinierten Maßnahme in enger Zusammenarbeit mit der ZAB Oberpfalz, dem LfAR und insbesondere der Bayerischen Polizei aufgegriffen werden.

Unter den Rückgeführten aus bayerischer Zuständigkeit befanden sich vier rechtskräftig verurteilte Personen. Diese sind unter anderem wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Computerbetrug und Diebstahl rechtskräftig verurteilt worden. Bei einem der Straftäter und drei weiteren Personen laufen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, versuchter schwerer Brandstiftung in einer Asylbewerberunterkunft und besonders schwerem Diebstahl.

Das LfAR bedankt sich ausdrücklich bei allen beteiligten Stellen und Behörden für die erfolgreiche und reibungslose Zusammenarbeit. Ein besonderer Dank gilt dabei dem Polizeipräsidium Oberpfalz, das durch den großen Einsatz eigener Kräfte maßgeblich zum Erfolg der Maßnahme beigetragen hat.

Die Maßnahme beruht auf dem gemeinsamen Projekt der Regensburger Sicherheitsbehörden „Gemeinsam stark für Regensburg“ unter Federführung des Polizeipräsidiums Oberpfalz.

25 Abschiebungen – ist das alles?

Die Polizei zeigt Einsatz und guten Willen, kann aber die vollmundigen Versprechen der Politik (Scholz: „Abschiebungen im großen Stil“) nicht einhalten, weil man ihr keine wirksamen Instrumente an die Hand gibt. 25 Abschiebungen wirken hilflos und infeffektiv und sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Zur Relativierung: Anfang des Jahres lebten ca. 350.000 ausreisepflichtige Migranten in Deutschland. Davon besaßen etwa 50.000 keine Duldung, waren vollziehbar ausreisepflichtig, also illegal, im Land. Um alle Ausreisepflichtigen auszuweisen, müsste man etwa ein Jahr lang jeden Tag 1.000 Ausreisepflichtige abschieben. Bis dahin es es noch ein langer Weg.

Nun stellen sich die Fragen: Wie viele Migranten wurden in Regensburg abgeschoben? Welche medienbekannten Intensivtäter wurden abgeschoben? Warum hat man für so wenige Menschen ein so großes Polizeiaufgebot benötigt? Wie viel hat das alles gekostet? Wir bleiben dran und werden berichten. (lnw)

 


 

Update:

 

Stadtzeitung: Wie groß war das Polizeiaufgebot und warum war es so groß?

Pressestelle Polizeipräsidium Oberpfalz, 30.07.2024, E-Mail:

Die Abschiebemaßnahme beruhte auf dem Projekt „Gemeinsam stark für Regensburg“ unter Federführung des Polizeipräsidiums Oberpfalz. Der Polizeieinsatz anlässlich der Rückführung am 11.07.2024 wurde oberpfalzweit mit über 230 Polizeikräften gewährleistet und zog sich bis in die Abendstunden. Hintergrund waren Maßnahmen an neun Objekten und eine notwendige umfangreiche Logistik.

 

Stadtzeitung: Wie viele Personen aus Regensburg wurden bei der Abschiebemaßnahme am 24.07.2024 abgeschoben?

Pressestelle Regierung der Oberpfalz, 30.07.2024, E-Mail:

Es wurden 10 Personen aus dem Stadtgebiet Regenburg abgeschoben. Bei den Personen handelte es sich um abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber. Rechtskräftige Urteile gab es u.a. wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Computerbetrug, Diebstahl Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz sowie Erschleichen von Leistungen und schwerer Brandstiftung. Fünf der abgeschobenen Personen wohnten in der Zeißstraße 1.

 

Stadtzeitung: Warum werden vollziehbar ausreisepflichtige Personen häufig nicht rückgeführt?

Pressestelle Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR), 30.07.2024, E-Mail:

Zum Stichtag 30.06.2024 lag die Zahl der Ausreisepflichtigen in Bayern bei insgesamt 26.977 Personen, darunter 20.323 mit Duldung.

Die Gründe, warum vollziehbar ausreisepflichtige Personen nicht rückgeführt werden können, sind vielschichtig. Zunächst muss das Herkunftsland bereit sein, seine Staatsangehörigen wieder anzunehmen. Viele Rückführungen scheitern an der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer. Hier ist zuallererst der Bund gefragt, über Rückführungsabkommen entsprechend rechtlich verbindliche Wege vorzusehen. Eine Rückführung kann des Weiteren aus tatsächlichen, rechtlichen oder medizinischen Gründen scheitern. Aus tatsächlichen Gründen scheitert eine Abschiebung beispielsweise dann, wenn die Person vorher untertaucht. Aus rechtlichen Gründen, wenn ein Verwaltungsgericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine entsprechende Anordnung trifft. Medizinische Gründe können dazu führen, dass die Flugtauglichkeit nicht gegeben ist und daher die Abschiebung scheitert.

Der effizienteste Weg der Rückführung stellt die Sammelchartermaßnahme dar. Ob eine solche möglich ist, hängt wiederum von der Kooperationsbereitschaft des Zielstaats ab. Für viele aus bayerischer Sicht relevante Staaten sind Chartermaßnahmen nicht oder nicht in ausreichendem Umfang durchführbar. Dies gilt auch für Dublin III Maßnahmen.

 


Die „Nachgefragt“-Reihe

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  • gepostet am: Freitag, 26. Juli 2024

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