Nachgefragt | Extrawurst für den OB a. D.

Nachgefragt | Extrawurst für den OB a. D.

Der dunkle Dreier-BMW mit dem eindeutigen und entlarvenden Kennzeichen kommt immer wieder in die Nähe des Albrecht-Altdorfer-Gymnasiums. Mal am Nachmittag, mal am Abend, mal in der Nacht. Er parkt mal ohne entsprechenden Ausweis auf dem Anwohner-Parkplatz, mal mitten im Parkverbot und halb am Gehsteig. Einen Strafzettel bekommt der Fahrer des Kombis aber nie. Denn er hat etwas viel Besseres unter der Windschutzscheibe liegen: eine Ausnahmegenehmigung der Stadt. Der Fahrer des Tourings ist ja schließlich der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs.

- Anzeige -
Mehrere empörte Leser hatten sich bei der Stadtzeitung gemeldet und Fotos geschickt, auf denen eindeutig zu erkennen ist, dass Wolbergs‘ BMW zu unterschiedlichen Zeiten dort eigentlich verbotswidrig steht. Der Grund dafür dürfte unschwer auszumachen sein: Wolbergs‘ Mutter wohnt dort, er selbst ist da aufgewachsen.
Die Bilder zeigen auch, dass es Wolbergs, der ja so lange den unbescholtenen Saubermann spielte,  offenbar ziemlich wurscht ist, dass er sich mit seinem Parkverhalten anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber rücksichtslos verhält: Eltern mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer jedenfalls dürften kaum oder gar nicht an dem BMW vorbeikommen, der mehr als die Hälfte des Gehweges blockiert.
Doch warum hat Wolbergs überhaupt eine Ausnahmegenehmigung? Sie wurde ihm als Oberbürgermeister ausgestellt, Amtsträger bekommen solche Privilegien, damit sie bei ihren vielen Terminen, die auch mal abends und nachts sein können und deshalb mit dem Privatwagen wahrgenommen werden, nicht noch Zeit bei der Parkplatzsuche verlieren müssen. Gut, das ist so. Aber Wolbergs ist vom Dienst suspendiert, das heißt, er hat doch eigentlich keine Termine mehr, die eine Ausnahmeregelung rechtfertigen?

Eine Leserin hat eigenen Angaben zufolge beim Verkehrsüberwachungsdienst und bei der Straßenverkehrsbehörde nachgefragt. Ergebnis: Wolbergs habe eben noch eine Ausnahmegenehmigung, die auch privat gelte. So einfach sei das.
Moment mal – das wäre doch eine deutliche Bevorzugung gegenüber anderen Regensburgern, deren Verwandte vielleicht auch in der Innenstadt wohnen und die keine Park-Privilegien genießen dürfen?! Das will die Stadtzeitung genauer wissen und fragt bei der Stadt nach. Die Antwort von Sprecherin Juliane von Roenne-Styra: „Bei der Ausnahmegenehmigung handelt es sich nicht um ein privates Privileg. Die Ausnahmegenehmigung darf nur für dienstliche Zwecke genutzt werden.“
Das aber würde ja bedeuten, dass Wolbergs die Ausnahmegenehmigung rechtswidrig nutzt! „Ja“, sagt von Roenne-Styra, „dienstliche Fahrten liegen wohl nicht mehr vor.“ Warum hat er dann aber überhaupt noch die Park-Sondererlaubnis? „Dem werden wir nach Ihrer Anfrage jetzt nachgehen“, so die Sprecherin. „Bislang hat daran noch niemand gedacht.“
Wolbergs müsse die zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung zurückgeben, zumindest dürfe er sie nicht mehr nutzen, solange er nicht im Dienst ist. Die Stadtzeitung wird dem auch weiter nachgehen – und verfolgen, wie lange es die Extrawurst für den OB a. D. noch gibt. (Heinz Karl)

Alle Hintergründe zur Korruptionsaffäre finden Sie online.

 


 

Die „Nachgefragt“-Reihe

Könnte Sie auch interessieren

Nachgefragt weitere Artikel

Nachgefragt | Jahn Regensburg – Probleme beim Fraueneinlass?

Nachgefragt | Jahn Regensburg – Probleme beim Fraueneinlass?

Studentinnen mussten etwa 20 Minuten an den Eingängen anstehen müssen, bevor sie kontrolliert wurden – die Männer nur etwa 5 Minuten. Ist das noch zeitgemäß?

>> weiterlesen

Eilmeldung! Polizei stürmt Hotel

Eilmeldung! Polizei stürmt Hotel

Spezialkräfte stürmten vor wenigen Minuten das B&B HOTEL Regensburg in der Landshuter Straße Ecke Osttangente.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Wie viel kostet Deutschland die Flüchtlingskrise?

Nachgefragt | Wie viel kostet Deutschland die Flüchtlingskrise?

Neuwahlen stehen bevor. Noch immer ist das Thema Migration in aller Munde.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Wildwest-Geisterstadt mitten in Regensburg? – Der Cowboy-Club

Nachgefragt | Wildwest-Geisterstadt mitten in Regensburg? – Der Cowboy-Club

In Dechbetten hat der Cowboy-Club Regensburg seinen Sitz – ein Verein für Country- und Wildwest-Enthusiasten in historischen Kostümen, die zusammen am Lagerfeuer sitzen oder das Lasso schwingen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Neuer Tiefpunkt: Gewalt gegen Polizisten

Nachgefragt | Neuer Tiefpunkt: Gewalt gegen Polizisten

Nimmt die Gewaltbereitschaft gegen Polizeibeamte zu? Vor wenigen Tagen wurde das Bundeslagebild 2023 „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte“ vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Update: Wie in Marrakesch? – Bahnhofskriminalität in Regensburg verlagert sich

Nachgefragt | Update: Wie in Marrakesch? – Bahnhofskriminalität in Regensburg verlagert sich

Es häufen sich Berichte über Drogenhandel, Gewalt, sexuelle Belästigung und Randale in der Innenstadt. Jetzt bezieht die Polizei Stellung.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Wie in Marrakesch? – Bahnhofskriminalität in Regensburg verlagert sich

Nachgefragt | Wie in Marrakesch? – Bahnhofskriminalität in Regensburg verlagert sich

Mit der Verbesserung der Situation im Bahnhofsviertel scheint eine Verlagerung der Kriminalität in das daran angrenzende Dreieck Maxstraße – Disothekenviertel – Neupfarrplatz in der Innenstadt einherzugehen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Zoff um Bad Abbachs Therme

Nachgefragt | Zoff um Bad Abbachs Therme

Der Bezirkstag von Niederbayern will die Kaiser-Therme Bad Abbach innerhalb der nächsten zwei Jahre an einen Privatinvestor verkaufen. Die Bürgerinitiative „ProTherme“ will den Plan umwerfen.

>> weiterlesen

Nachgefragt | Sind Delikte von Intensivtätern Staatsgeheimnis? – Polizei macht dicht

Nachgefragt | Sind Delikte von Intensivtätern Staatsgeheimnis? – Polizei macht dicht

Als wir Auskunft über die Delikte eines Intensivtäters erbeten, gibt uns die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberpfalz nichtssagende Antworten und beruft sich auf die Persönlichkeitsrechte des Tatverdächtigen. Ergibt das Sinn?

>> weiterlesen

© Regensburger Stadtzeitung