Nachgefragt | Lena Schabus: Die Kunst der Bildbearbeitung

Nachgefragt | Lena Schabus: Die Kunst der Bildbearbeitung

Nachname: Schabus
Name: Lena
Wohnort: Regensburg
Geburtsort: Passau
Alter: 31

 

Die Bilder von Lena Schabus sehen aus wie Fotos, doch wenn man genauer hinschaut, erkennt man die kleinen Unwirklichkeiten: Hier stimmt die Perspektive nicht ganz, da stehen die Gebäude viel zu nah beieinander. Mit Photoshop schafft sie kleine Parallelwelten, für die sie eine Reihe von Stipendien und Kunstpreise ergattern konnte. Ich habe mich mit ihr auf einen Chai-Latte in der Regensburger Innenstadt getroffen und mit ihr über sie und ihre Kunst geplaudert.

Von der Kunst leben

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Lena ist Grafikdesignerin. Und Dozentin. Und Social-Media-Managerin. Und Kuratorin. Aber eigentlich ist sie Künstlerin. „Es ist immer schwierig, wenn man gesteht sozusagen, dass man noch Broterwerbstätigkeiten hat“, erklärt sie. „Weil man ja nicht nur von Kunst leben kann. Das ist echt zwiespältig, deswegen unterschlage ich das eigentlich immer gerne, weil es geht ja um den künstlerischen Fokus.“

„Wie kann man überhaupt mit Kunst Geld verdienen?“, frage ich. Sie meint: „Dazu muss man eben Bilder verkaufen. Oder durch Förderungen, Stipendien und Kunstpreise. Vernetzen ist halt unheimlich wichtig. Dass man verschiedene Leute zusammenbringt, dass man Synergien schafft. Wir haben häufiger mit dem Kulturamt zusammengearbeitet, dann aber auch mit den Kunstvereinen. Ich hab ja mein Atelier im Andreas-Stadel. Da ist alles gut vernetzt. Aber Geschäftspartner zu haben, fänd ich gruselig. Deswegen bin ich auch bei keiner Galerie. Weil da ist alles so geschäftlich und man muss sich so anbiedern.“

0Lena Schabus: Circuits, 2021.

Bildcomposing – Kunst am Laptop

Während des Studiums hat Lena viel gemalt mit Acryl, Öl, gezeichnet mit Bleistift und Kohle, mit Betonabguss modelliert, Radierungen und Holzschnitte angefertigt oder mit Siebdruck gearbeitet. „Das taugt mir auch alles“, sagt sie, „und ich hab auch Lust drauf, aber ich müsste wirklich die Zeit haben, mich da reinzuarbeiten, dass da dann auch ausstellungswerte Sachen dabei rauskommen. Weil so irgendwie halbscharig, das bringt einen nicht weit. Ich hab mich jetzt seit ein paar Jahren festgelegt auf Fotografie und Bildcomposing. Wobei ich auch keine Fotografin bin. Die Bilder sind nur das Rohmaterial.“

Bei ihrer präferierten Technik, dem Bildcomposing, werden verschiedene Bilder digital neu kombiniert, um dadurch ganz neue, teils absurde Bilder zu erschaffen. Der Begriff Fotomontage ist geläufiger, hat aber diese kitschige Konnotation, sagt Lena; davon will sie sich komplett abgrenzen. Zuerst sortiert sie die Fotos mit Adobe Bridge. Dort werden sie mit Sternwertungen versehen und können so besser verglichen werden. „Ich erstelle quasi erstmal ein Best-of“, sagt sie. Dann werden die Fotos in Adobe Camera Raw geöffnet. Dort können Belichtung, Farbe, Kontrast usw. der Rohdateien angepasst werden. Lena führt aus: „Dann geht es weiter mit Photoshop. Da leg ich mir eigentlich zuerst mein Format an. Also erstmal, ob das Bild Querformat oder Hochformat werden soll. Dann hab ich die einzelnen Fotos in verschiedenen Tabs und stell die grob frei, also ich entfern den Hintergrund – dass zum Beispiel nur ein Haus zu sehen ist oder nur ein Schornstein. Es geht jetzt schon sehr ins Detail, gell?“ Sie lacht. „Diese Bildschnipsel schieb ich dann rum, bis es für mich eine grobe Komposition ergibt. Und dann bin ich meistens frustriert und lass es erstmal liegen. Und nach einiger Zeit – also, Stunden, Tagen, Wochen ... Monaten? – schau ich mir das wieder an und kann reflektieren, was gut ist oder was ich ändern muss und wie ichs ändern muss. Des setz ich um und meistens wirds dann gut.“ Wenn alles geschafft ist, werden die Bilder schließlich auf Alu-Dibond gedruckt. „Das ist so ne Aluverbundplatte“, erklärt sie.

Begonnen hat ihr Faible für das Bildcomposing an der Uni. Lena erzählt: „In nem Seminar hab ich ein Gemälde in Photoshop so angelegt, wie ich es gerne malen würde. Es wurde dann so umfassend, dass es gar keinen Sinn gemacht hat, wenn ich das abmale. Stattdessen hab ich es lieber digital ausgearbeitet und dann drucken lassen. Mein Bildcomposing kam also von der Malerei; und so sind auch jetzt meine ersten Bilder noch eher von malerischen Motiven geleitet. Und jetzt erst, seitdem ich wirklich versuche, nur noch mit eigenem Fotomaterial zu arbeiten, sind sie eigentlich realistischer und glaubhafter.“

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5 Schabus Circuits 1500px 300dpi rgbLena Schabus: Industry, 2020.

Unterwegs und in der Sonne – ein Künstlerleben

„Wie viel Zeit hast du denn für dein Bildcomposing?“, frage ich. „Also, ich arbeite gerne nachts“, sagt sie, „Tagsüber bin ich unterwegs oder im Atelier oder mach halt irgendwelche Projekte oder sitz auch mal in der Sonne oder sowas. Also so ein Künstlerleben.“ Sie lacht. „Ich bin eher nachtaktiv und arbeite gerne bis eins, zwei, dreit in der Nacht an Bildern. Wenn ich mich um sechse hinsetz und um drei ins Bett geh, sind das dann schonmal neun Stunden. Wenn ich mich jetzt um neun morgens hinsetzen würde und bis 18 Uhr arbeiten würde, dann wär das n ganz anderes Feeling. Ich bin nachts so in meinem Kosmos vertieft, dass dann auch die Zeit verfliegt; außerdem bekomm ich nicht so viele Nachrichten. Und dann schau ich am nächsten Tag wieder über das Bild drüber, lass das sacken, und dann seh ich nochmal andere Sachen als am Abend davor.“

Lena arbeitet in Phasen. Wenn sie eine Ausstellung oder ein sonstiges Projekt hat, arbeitet sie über Wochen daraufhin. Hierauf folgt die Phase der Reflexion. Das ist für sie so ein „Übernbergbringen und Schauen, wies läuft und was da für Feedback kommt. Wo ich dann nicht aktiv bin.“ Dementsprechend waren ihre letzten Wochen sehr intensiv, in denen sie sich auf ihre Ausstellung im Luftmuseum in Amberg Ende April vorbereitet hat. In ihren Hochphasen schafft sie ein Bild alle zwei oder drei Tage. Ein Tag für das Handwerkliche, ein paar Tage für das Reflektieren. Sie meint: „Vielleicht dauerts aber auch bis zu drei Wochen, dass ich da an irgend so nem Dings dran photoshope, weil das einfach so kompliziert ist freizustellen. Und dann gibts auch Entwürfe, mit denen ich unzufrieden bin, und fünf bis zehn neue Bilder anfang, weil ich immer denke, mit nem anderen Motiv wärs bestimmt besser. Und dann fang ich wieder mit dem ersten Bild an.“ Bei ihrem letzten Artist-in-Residence-Aufenthalt in Budapest hat sie übrigens fünf Bilder in einem Monat produziert.

Frust und Euphorie

„Was ist eigentlich das typische Gefühl, das du beim Kunstmachen so hast?“, frage ich sie. Lena antwortet: „Eigentlich viel Frustration. Zuerst bin ich motiviert. Ich hab vielleicht ein gutes Bild geschossen. Und dann hab ich vielleicht so ne grobe Ahnung, was ich damit machen möchte. Und ich probier verschiedene Sachen aus. Aber dann ist die Frustration groß, dass es nicht so wird, wie ich mir das überlegt hab. Und dann lass ichs erstmal sein. Und dann kommt der Druck“, lacht sie. „Oder die Motivation. Je nachdem, wie mans nimmt. Und dann isses aber auch schön, wenn das Bild gut wird. So ne Euphorie. Das hab ich allerdings sehr selten, weil ich eigentlich meistens, wenn ich was abgeschlossen hab, erstmal super kritisch bin. Dann bin ich sehr gespannt auf das Feedback vom Publikum.“ Gelobt wird meistens, „dass die Bilder so real aussehen wie Fotos“, sagt sie. Andererseits kann sie oft beobachten, dass die teils krassen und unwirklichen Szenerien auf manchen Betrachter bedrohlich wirken. Aber Lena hat eben ein Faible für Dystopien. (lnw)

 

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Anstehende Termine:

  • Seit 2020, „Kunst [ Zeit ] Raum“, Rote-Hahnen-Gasse 6, Regensburg: Das Kunstschaufenster ist eigentlich ein Leerstand, den Lena künstlerisch zwischennutzt.
  • 29.04.–31.07.2022, „Emission“, Luftmuseum, Amberg: Lena zeigt neue Bilder mit dem Thema Raffinerien, Kraftwerke, Industrie – Industriekultur im großen Sinne.
  • 14.05., „Tag der offenen Tür“, Andreas-Stadel, Regensburg: Das ganze Künstlerhaus mit seinen Ateliers (inklusive das von Lena) ist für Schaulustige geöffnet.
  • 02.07.–18.09.2022, „Essence of Color – Blue“, Leerer Beutel, Regensburg: Das Malerinnennetzwerk Berlin-Leipzig stellt in Regensburg aus und erhält Unterstützung von einheimischen Künslterinnen.

 

  • Regiopole I, 2020

    Lena: „Hier werden verschiedene Bilder so aufgestaffelt, dass der Horizont absurd in die Höhe getrieben wird und diese Brücke eigentlich abfällt. Und da denkt natürlich jeder, der das Foto sieht: Ah, das ist fotografiert, das muss so sein. Und dann überlegt man erst im nächsten Schritt: So, wie das hier sich hochklappt, kann das gar nicht sein.“

  • Brot&Spiele, 2020

    Lena: „Das ist in Pilsen entstanden. Dort war ich Artist in Residence fürn Monat und konnte da frei arbeiten und fotografieren. Und dann hab ich dieses Hochhaus entdeckt. Und da bin ich rundum gelaufen und hab das so aus allen Perspektiven fotografiert und dann das so zusammengesetzt, dass es aussieht wie so eine Siedlung, was ja auch tatsächlich sein kann, dass solche Planbauten dann ganz, ganz oft gebaut werden, aber perspektivisch ergibts keinen Sinn.“

  • Ansage, 2020

    Lena: „Das Bild wirkt ja eigentlich krass, bedrohlich. Und was muss das für ne Welt sein, wenn da so viele Lautsprecher sind? Aber irgendwie hat das für mich son Reiz, weil es halt so abstrus ist und weils mich dann auch so an diese Filme erinnert wie Blade Runner oder sowas.“

  • Industry, 2020

    Lena: „Da bin ich nach Pilsen reingefahren und dort hat dieser eine Schornstein geraucht. Und dann hab ich mir da ne Fußgängerbrücke gesucht, ging da hoch und hab das fotografiert. Und hab mir da schon gedacht, das wär sau cool, wenn da ganz viel raucht. Und im nächsten Schritt hab ich mir dann gedacht: Ne, es ist viel cooler, wenn da einfach nur einer raucht, aber ganz viele Schornsteine stehen würden.“

  • Circuits, 2021

    Lena: „Also, wenn ich da so dystopische Szenerien hab und irgendwie regnerischen Himmel, und dann sind da Windräder – dann sieht das halt nicht so positiv aus. Aber für mich ist des n ganz anderes Bild. Ich war da bei diesen Windrädern an der Nordsee und fands so gigantisch – diese aberhundert Windräder, wie Großplastiken oder Skulpturen in der Landschaft. Das ist dann für mich n ganz anderer Einblick. Und ich steh halt voll auf dieses Unnatürliche oder Ungewohnte.“

  • Lena Schabus vor dem Kunstschaufenster in der Roten-Hahnen-Gasse.
    © Lukas N. Wuttke

     


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